Wir Grüne unterstützen alle Anstrengungen, die helfen, Kinder umfassend und wirksam vor sexueller Ausbeutung zu schützen. Kinderprostitution und Kinderpornografie gilt es entschieden zu bekämpfen. Doch die von Bundesjustizministerin Zypries vorgelegten Änderungen im Sexualstrafrecht zielen auf weit mehr. Sie führen zu einer ausufernden Kriminalisierung jugendlicher Sexualkontakte.
Welche Ausweitungen sind geplant?
Das Schutzalter im Tatbestand des sexuellen Missbrauches von Jugendlichen (§ 182 I StGB) soll pauschal auf 18 Jahre hochgesetzt werden. Zugleich soll die bisherige Begrenzung des Täterkreises auf Personen über 18 Jahre entfallen.
Bisher machten sich nach der Strafnorm nur Erwachsene strafbar, die – unter Ausnutzung ihrer altersmäßigen Überlegenheit und Autorität – Jugendliche unter 16 Jahren mit Vorteilen und Geschenken zu sexuellen Handlungen verführten. Dieses Schutzkonzept würde mit der Neuregelung auf den Kopf gestellt, wenn der Täter dem Opfer nicht mehr altersmäßig überlegen sein muss. Stattdessen würde sich nun auch der 14-Jährige strafbar machen, der die angehimmelte 17-Jährige zum Kino einlädt, um dann mit ihr Intimitäten austauschen zu können.
Mit dieser pauschalen Hochsetzung der Schutzaltersgrenze auf 18 Jahre wird das bisherige, nach dem Alter gestufte Schutzkonzept des Sexualstrafrechts ohne Not verschoben. Der sachgerechte Ausgleich zwischen dem Recht von Kindern, vor sexuellen Handlungen geschützt zu werden und dem Recht von Jugendlichen, ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auch wahrnehmen zu können, wird mit der Neuregelung in Frage stellt.
Der zweite Kritikpunkt betrifft Neuregelungen im Bereich der Kinder- bzw. Jugendpornografie. Die Schutzvorschriften bei der Kinderpornografie sollen – nahezu unterschiedslos – auf Jugendliche ausgedehnt werden. Damit schließt die Koalition weit über das Ziel hinaus: soll sich ein 17-jähriges Pärchen, das aufreizende Fotos von sich macht und in der Clique rumzeigt, tatsächlich wegen “Verbreitung von Jugendpornografie” strafbar machen? Ist es sachgerecht, einer 17-Jährigen mit Strafe zu drohen, wenn sie ihren Intimitäten schildernden Tagebucheintrag der besten Freundin vorliest?
Es ist fahrlässig und unverantwortlich von Bundesjustizministerin Zypries, auf diese unglaublichen Ausweitungen des Sexualstrafrechts nicht hinzuweisen, sondern sie schlicht zu beschönigen und zu vernebeln. Wir Grünen setzen uns auch künftig dafür ein, dass die Koalition dem Diskussionsbedarf nicht ausweicht und die überbordene Kriminalisierung sexueller Handlungen Jugendlicher zurücknimmt.